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Abstimmung zum Flughafenausbau in Dortmund?

Teile der SPD-Ratsfraktion Dortmund, der Vorsitzende Ernst Prüsse, fordern einen Ratsbürgerentscheid zum Flughafen Dortmund, d. h., der Rat soll die Frage den Bürgern vorlegen. Aber was sollen die eigentlich entscheiden? Die Fragen um den Flughafen sind einfach strukturiert. Ist man für oder gegen den Flughafen wird nicht die Frage des Bürgerentscheids sein können, sondern vielmehr ob man für oder gegen den Ausbau ist. Und so gibt es drei Politikoptionen: Ausbau, Rückbau und Beibehaltung des derzeitigen Zustands. Allerdings sind mit allen Varianten komplexe Kostenentscheidungen verbunden. Kann man so verantwortlich eine Frage den Bürgern vorlegen, die noch nicht bekannt ist, aber aufgrund der Formulierung bereits dem Entscheid eine Richtung vorgibt? Wird die Rolle von (zukünftigen) Nachtflugverboten in dieser Frage als weitere Variable hinreichend berücksichtigt, oder ist die Frage dann zu komplex?

Mit Patrick Bartsch (CDU) habe ich mal einen Dortmunder Kommnunalpolitiker gefragt. Hier seine Stellungnahme zum Flughafenbau.

Zunächst einmal möchte ich Dirk Schmidt danken, dass dieser mir die Möglichkeit gibt, auf seiner Seite meine Sicht der Dinge zum Flughafenausbau in Dortmund zu veröffentlichen.

Dabei wirkt dieses Thema auf den einen oder anderen Leser dieses Artikels zu Beginn vielleicht noch recht trivial. So mag sich der geneigte Leser fragen „was habe ich mit dem Ausbau des Flughafens in Dortmund am Hut?“
Jedoch ist gerade in der Metropolregion Ruhr auch ein Flughafen wie der in Dortmund entscheidend für das gesamte Umland. Hier möchte ich explizit nicht nur das Sauerland erwähnt wissen, welches den Dortmunder Flughafen als Ausgangsbasis für Geschäfts- und Urlaubsreisen nutzt. Auch Teile des Münsterlandes, Westfalens und natürlich des Ruhrgebietes wissen den Flughafen als optimale und günstige Basis für Flugreisen zu schätzen.

Nicht umsonst hat der Flughafen auch den Beinamen „Startbahn Ruhrgebiet“ bekommen.

Ohne Ausbau ist Liquidierung die bessere Alternative
Ein gut funktionierender Flughafen hat weitaus mehr Auswirkungen auf das Umland als auf den ersten Blick ersichtlich. Ich bin sicherlich nicht der erste, der auf die Arbeitsplatz schaffende Wirkung eines Wirtschaftsfaktors wie den Flughafen Dortmund hinweist. Jedoch sind diese Effekte nicht von der Hand zu weisen.
Nicht bestritten werden kann aber auch das Defizit, das der Flughafen Jahr für Jahr einfährt. Und hier muss ganz klar gesagt werden: Wenn der Status-Quo bestehen bleibt, so wird der Flughafen auch in absehbarer Zeit keinen Gewinn erwirtschaften. Da ist die bessere Alternative eine komplette Liquidierung, d.h. Rückabwicklung des Flughafens Dortmund.
Um die Startbahn Ruhrgebiet wirtschaftlich voran zu bringen und im Wettbewerb mit anderen Kleinflughäfen zu halten, nützt nur eine Veränderung. Die da wäre ein Ausbau der Startbahn und eine Ausweitung der Betriebszeiten. Die Entscheidung hierüber sollte ursprünglich in den nächsten Wochen im Rat der Stadt Dortmund fallen.

In der aktuellen Diskussion, losgetreten durch einen Flügel der SPD Dortmund, gehen logische und rationale Argumente jedoch völlig unter. SPD Fraktionschef Prüsse brachte einen Ratsbürgerentscheid ins Gespräch. Wie so oft waren einzig strategische Überlegungen Grund seines Handelns. Prüsse gehört zu denjenigen in Dortmund, die den Flughafen unbedingt ausbauen wollen. Da im Rat der Stadt Dortmund Herr Prüsse zum Glück nicht Alleinherrscher ist, sondern dort auch noch weitere Fraktionen am Prozess der politischen Entscheidungen beteiligt sind, sah sich Prüsse auch aufgrund mangelnden Rückhalts in der eigenen Fraktion zu diesem Schritt genötigt.

Lieber Bürger, wir schaffen das nicht
Auch aus unseren Reihen kamen daraufhin Reaktionen, so u.a. von Bürgermeister Manfred Sauer (siehe DerWesten.de „Flughafen-Ausbau: Dortmunds Parteien eher gegen Bürgerentscheid“, 21.10.2010): Manfred Sauer, Bürgermeister und CDU-Präsidiumsmitglied im Flughafen-Aufsichtsrat, positioniert sich so: „Es wäre ein Armutszeugnis, wenn die Parteien nicht die Kraft aufbringen, Lösungen zu finden und zu ihren Entscheidungen zu stehen.“ Alle Argumente für und wider den Flughafenausbau, alle Gutachten lägen auf dem Tisch. „Und jetzt stellen wir uns hin und sagen, lieber Bürger, wir schaffen das nicht, deshalb entscheide du?“, kritisiert Sauer. „Das geht nicht.“

Meine Meinung: Recht hat er! Die Diskussionen sollten im Vorfeld der Ratsentscheidung wieder versachlicht werden. Ein politisches System, das bei jeder schwierigen Entscheidung die Verantwortung an den Bürger weiterreicht hat in meinen Augen nur eine Alibi-Funktion.

Ein Ratsbürgerentscheid hätte in diesem speziellen Fall auch mehrere Nachteile:

  • Betroffene Bürger aus Unna, Holzwickede könnten nicht mitentscheiden. Im Rat werden die Bedenken der Anlieger berücksichtigt.
  • Bürger wie ich, die im Westen Dortmunds wohnen sind eher pro-Ausbau eingestellt, da hier die Belastung durch Fluglärm etc. im Vergleich zu direkten Anliegern sehr gering ist.
  • Zusätzliche Kosten in Zeiten von schwierigen Haushaltslagen.
  • Und nicht zuletzt sind die Informationsasymmetrien zwischen Bürgern und politischen Entscheidern in diesem Vorgang gigantisch: So wurden viele Gutachten erstellt, Planungsrechnungen kalkuliert und Unterlagen über Unterlagen geschrieben. Dem Bürger, der in einem Ratsbürgerentscheid zwischen Ausbau und nicht-Ausbau, zwischen Betriebszeitenverlängerung und Status-Quo wählen soll, stehen all diese Informationen nicht zur Verfügung.

    In der Lehre spricht man hier von Transaktionskosten. Auf dieses Beispiel bezogen sind es ex ante Transaktionskosten, d.h. Kosten die vor dem Entscheid entstehen, um Informationen zu beschaffen bzw. bereitzustellen. Und diese Kosten (selbstverständlich theoretisch betrachtet) sind bei diesem Bürgerentscheid, der für die Entscheidungsfindung Expertenwissen benötigt, eine unüberwindbare Hürde.

    Der Beschluss, der unter diesen Voraussetzungen gefällt werden würde, wäre im höchsten Maße ineffizient, d.h. schlecht für die Bevölkerung.

Soweit der kleine Ausflug in die ökonomische Lehre, die sogar herangezogen werden kann um politische Entscheidungen zu betrachten.

Basisdemokratie ist zu begrüßen, aber …
Der folgende Schluss ergibt sich für mich aus der Debatte über den Ratsbürgerentscheid:
Generell ist das Instrument der Basisdemokratie zu begrüßen, es sollte jedoch zum jeweiligen Einzelfall passen. Dies ist beim Dortmunder Flughafen nicht so. Die gewählten Volksvertreter haben in Ihren Programmen zur Kommunalwahl eindeutige Positionen durch Parteitagsbeschlüsse bezogen. CDU, SPD, Grüne konnten anhand Ihrer Beschlüsse und Programme vom Wähler bewertet werden. Die Zusammensetzung im Rat der Stadt Dortmund garantiert zurzeit, dass keine Partei im Alleingang etwas durchboxen kann.
Daher plädiere ich dafür, aus den genannten Argumenten den politischen Entscheidungsprozess im Rat zu belassen.

Der Autor dieses Beitrages
Patrick Bartsch, 28 Jahre, Diplom-Ökonom. Beschäftigt bei der BackWerk Service GmbH in Essen.
Er ist Kommunalpolitiker in Dortmund: stv. Fraktionssprecher der CDU in der Bezirksvertretung Mengede, stv. Kreisvorsitzender der Jungen Union Dortmund, Vorsitzender der CDU Dortmund Bodelschwingh/Westerfilde.
http://patrick-bartsch.de


Fotos: „No Entry“ – Titel „Turnschuh“ von elbotho / photocase.com; Patrick Bartsch

4 Comments

4 Comments

  1. Pingback: Gastbeitrag bei schmidts-katze.infoPatrick Bartsch

  2. Jonas

    25. Oktober 2010 at 22:02

    Hallo Patrick,

    vielen Dank für diesen tollen Beitrag! Endlich mal ein junger Politiker, der in einer volksnahen Sprache das Problem erklärt!

    Würde mich freuen, wenn auch weiterhin solche Themen von Dir bearbeitet wurden!

    Danke auch an Dirk, coole Idee mal Gastbeiträge zu erlauben!

    Jonas

  3. Pingback: Der Ruhrpilot | Ruhrbarone

  4. Regina

    10. November 2010 at 13:44

    Guten Tag!
    Vielen Dank für die ausführliche Information! Das Thema ist bestimmt sehr interessant.

    Herzliche Grüße! Regina Kahn

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